Tatsächlich melde ich mich nur sehr ungern beim Hamburger Berg-Nerd Nr. 6 Tanja Bindschädel, denn in der Regel bedeutet das, dass mir irgendwas weh tut und mich am Sporttreiben hindert. Das Gute wiederum ist, dass mir Tanja bisher immer helfen konnte. Denn Tanja ist eine erstklassige Physiotherapeutin und Heilpraktikerin und hat vor einigen Jahren gemeinsam mit der Sporttherapeutin und Personal Trainerin Linda Reich in der Hamburger Hafencity das TATIVA gegründet – ein spannender Mix aus Fitnessstudio und Physiotherapiepraxis. Gemeinsam mit Tanja und Linda ist übrigens auch die Idee für unser Projekt HIGH FIVE MOUNTAINS entstanden, ein kostenfreies Bergsport-Fitnessprogramm für Skifahrer, Snowboarder, Mountainbiker, Kletterer und Alpinisten. Das ging natürlich nur, weil Linda und vor allem Tanja selbst viel in der Bergen unterwegs ist. Grund genug, Tanja in den Hamburger Bergsportler*innen-Olymp aufzunehmen.
Hey Tanja, wie würdest du dich deinem Schwiegervater beim ersten Treffen vorstellen?
Ich würde mich als kommunikative und verantwortungsbewusste Bergsportlerin vorstellen, für die die Berge ein Gefühl von Zuhause und Weite vermitteln.
Das klingt erstmal sympathisch: Und wer bist du wirklich?
[Lacht] Danke. Neben dem eben genannten: Eine motivierte und leistungsorientierte Bergsportlerin, die stets für neue Ideen und Touren offen ist. Und die gerne ans Limit der Anstrengungsskala geht – immer nach dem Motto „Never Give Up“.
Was macht dich zu einem Hamburger Berg-Nerd?
Vor dem Umzug aus Süddeutschland nach Hamburg vor gut 15 Jahren waren die Berge für mich nie wirklich weit weg und immer in meinem Kopf – jetzt ist es das Bergweh! Seitdem ich in Hamburg bin freue ich mich tatsächlich sogar noch mehr als früher darauf, mit gleichgesinnten Menschen Zeit in den Bergen zu verbringen oder aber auch mal alleine wandern zu gehen. Mit meiner Freundin Elisa aus München ist so die Tradition entstanden, mindestens ein Mal pro Jahr mit dem Bergführer Guido Unterwurzacher loszuziehen und auf Tourenski das Hochgebirge zu erkunden. Ich habe Elisa bei meiner ersten Tour mit Guido kennengelernt. Mittlerweile sind wir ein richtig eingespieltes Team: Mir persönlich hilft es sehr, dass wir gegenseitig unsere Stärken und Schwächen kennen und ich so mit großem Vertrauen in meine Tourenpartner im Hochgebirge unterwegs sein kann.
Welche Bedeutung haben die Berge für dich?
Die Berge selbst sind für mich Sinnbild für „Natur pur“. Sie stehen für Weite, Schönheit, Macht und Ursprung. Sie sind ein Ort, um Gedanken loszulassen, Kreativität zu tanken oder den Körper und den Kopf auszupowern. Deshalb bin ich auch so gerne sportlich in den Bergen unterwegs. Denn so erlebe ich das Gefühl von Freiheit und Glück noch intensiver, aber gleichzeitig auch das Gefühl von Zuhause sein und Ankommen. Beim Bergsport gelingt es mir am einfachsten, den Kopf wirklich frei zu bekommen. Und je anstrengender die Aktivitäten sind, desto mehr Begeisterung und Befriedigung bieten sie mir.
Was war deine intensivste Bergerfahrung?
Meine zweite Hochgebirgsskitour ging direkt auf den Großvenediger – mit 3.657 Metern immerhin der fünfthöchste Berg der österreichischen Alpen. Das war für mich als Hochtouren-Anfängerin schon eine große Herausforderung. Stell dir vor, du kommst da als Hamburgerin an und am Abend vor der Tour ist das Hauptthema unter den Hüttengästen, wie sich denn alle auf die Tour am nächsten Tag vorbereitet und im Laufe des Winters trainiert hätten. Da kam schon ein wenig Nervosität und leichte Panik auf. Denn anders als die meisten anderen Tourengeher auf der Hütte war ich in besagter Saison noch kein einziges Mal in den Bergen – ganz zu schweigen von regelmäßigem Bergtraining oder vorbereitenden kurzen Skitouren. Ich freute mich eigentlich nur auf meine erste Tour des Winters.
Und wie ging es dann weiter?
Zum Glück wusste ich, dass es Elisa nicht um den Gipfel ging und sie nicht sauer wäre, wenn ich es nicht schaffen sollte. Gleichzeitig war ihr klar, dass ich alles geben würde und definitiv nicht voreilig aufgeben würde. Es war dann auch wirklich richtig anstrengend und ich musste definitiv jeden einzelnen meiner inneren Schweinehunde besiegen. Aber wir haben es zum Gipfel geschafft, auch wenn es etwas länger gedauert hat, als geplant. Belohnt wurde ich mit dem atemberaubenden Gefühl, es aus eigener Kraft geschafft zu haben, so hoch oben über der Welt zu stehen. Da konnte ich mir tatsächlich ein paar Freudentränen nicht verkneifen.
Ehrlicherweise gab es auch noch eine zweite Motivation für mich: Ich betreue ja mit der 1. Herrenmannschaft des HTHC ein Hockeyteam der 1. Bundesliga hier in Hamburg und da die Jungs am nächsten Tag ein Spiel um die Tabellenspitze hatten, habe ich mir eine Vereinsfahne in den Rucksack gesteckt, um mit einem Gipfelfoto ihren Teamgeist zu wecken. Das war für mich noch einmal ein ganz besonderer Antrieb, den Gipfel auch wirklich zu erreichen. Rückblickend war die Tour also nicht nur eine große Herausforderung, sondern hat auf so vielen Ebenen zu absoluten Glücksmomenten geführt.
Klingt toll. Aber du hast es ja schon angesprochen: Es ist als Hamburgerin nicht leicht, Zeit in den Bergen zu verbringen. Was tust du, wenn dich in Hamburg das Bergweh überkommt?
Ich schreibe Elisa und plane mit ihr die nächsten Touren. Das macht wirklich Spaß und hilft ungemein. Manchmal erwische ich mich auch dabei, wie ich meine Profilbilder mit Bergfotos austausche. Und ich habe auch noch eine Skitouren-Playlist, die ich manchmal beim Joggen höre und die bei mir die schönsten Erinnerungen auslöst.
Schöne Idee. Ich habe genau für diese Momente eine Playlist mit den besten Songs aus Snowboardfilmen. Na gut, zum Schluss keine Frage, sondern ein wenig Platz für etwas, was du loswerden möchtest:
Da sie einfach meine Lieblingsbergfreunde beziehungsweise -bergführer sind, nutze ich diese Gelegenheit für ein großes Dankeschön an Elisa, Guido Unterwurzacher und die Alpinschule Rock’n’Roll. Danke für so viel Emotionen, Zugewandheit und die Motivation, immer wieder meinen Ehrgeiz zu schüren und immer weiter zu gehen. Und gleichzeitig danke für das Gefühl und die Gewissheit, als Hamburgerin jederzeit sagen zu dürfen, wenn das Limit dann doch mal erreicht ist.
Und da jeder St. Bergweh Artikel mit einem Song endet: Welches Musikvideo sollte unter diesem Interview stehen?
Der Song „Hoch“ von Tim Bendzko. Die Worte des Textes spiegeln genau wider, warum man stets weitergeht, niemals umkehrt und jede Herausforderung annimmt.
Wer Lust hat, kann Tanja (@tanja.b_pt) und dem Tativa (@tativa_hamburg) bei Instagram folgen oder die Tativa Facebook-Seite (@tativa.hamburg) abonnieren. Dort werden auch immer interessante Events angekündigt. Natürlich kann man sich bei Tanja auch immer melden, wenn man eine gute und erfahrene Phyiotherapeutin sucht. Alle anderen Berg-Nerd Interviews findet ihr übrigens in der Kategorie „Berg Nerds HH“.