Instagram by fair means

+ + + UPDATE AM ENDE + + +

So. Vorfreude. Pünktlich zur OutDoor gibt mal wieder einen Rant. Und einen gut gemeinten Appell. An alle Outdoor-Hersteller, ihre PR-Agenturen und an meine lieben Outdoor-Blogger-Kollegen. Aber fangen wir von vorne an. Die Geschichte beginnt am 16. Juli 2010, also vor gar nicht allzu langer Zeit – in der Internetwelt jedoch vor einer halben Ewigkeit. An diesem Tag postete der US-Amerikaner Kevin Systrom das erste Foto in einer iOS-App, die heute – keine sieben Jahre später – weltweit mehr als 700 Millionen monatliche Nutzer zählt. Die Rede ist von Instagram – einer Smartphone-App zum Bilder (und mittlerweile Videos, Storys und sonst was) teilen, für die Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im April 2012 eine Milliarde US-Dollar ausgegeben hat.

Wird Zeit, dass wir mal drüber reden…

Instagram ist kaputt und keinen interessiert’s
Mein erstes Foto stammt vom 5. Mai 2011 und trägt den Titel „Longboard“, einfach nur „Longboard“ – ohne Hashtags, ohne Emojis, ohne emotionale Story, dafür mit einem viel zu übertriebenen Filter. Es folgten bis heute ca. 1.230 weitere mehr oder weniger schöne Bilder in Aden-, Amaro-, Crema-, Willow- oder auch mal No-Filter-Optik. Einige waren sogar so gut, dass ich mit ihnen Preise wie den Nokia & Social Media Week „Instagram Your City“ Fotocontest, einen der Volcom „True to this“ Fotowettbewerbe und einmal den Globetrotter 4-Seasons Magazin Fotocontest gewinnen konnte. Und ich konnte 578 Menschen als Abonnenten für mein Instagram-Profil @bjoekoe gewinnen – 578 Instagram-Abonnenten in über sechs Jahren und angelehnt an den Bergsport in meinen Augen „by fair means“ also ohne technische Hilfsmittel wie Follow-4-Follows (Bohrhaken), Comment Pods (Lastenträger) oder gar automatisierte Bots (künstlicher Sauerstoff). Und schon sind wir bei der Story, denn was sagt es über Instagram und seine Nutzer aus, wenn ich es mit einem technischen Trick (Details weiter unten) in drei Tagen und mit nur 1-2 neuen Bildern schaffe, fast ebenso viele Abonnenten zu generieren, wie zuvor in sechs Jahren und mit mehr als 1.200 Bildern? Für mich ist klar: Mein Instagram, und damit auch Dein Instagram, unser aller Instagram, ist kaputt. Und irgendwie scheint es niemanden zu interessieren: Die Instagramer nicht. Unternehmen, die mit Instagramern zusammenarbeiten nicht. Und Instagram selbst schon mal gar nicht.

Fast schon Trash: das erste Instagram Foto auf meinem Account @bjoekoe

Teufelskreis Reichweitenhörigkeit
Aber noch einmal einen Schritt zurück: Mit dem enormen Wachstum von Instagram haben sich auch Instagram-Accounts mit wahnsinnigen Abonnenten-Reichweiten entwickelt. Oftmals, weil sie einfach gute Fotos gepostet oder ihre Community gut betreut haben. Manchmal, weil sie zur richtigen Zeit von den richtigen Personen oder Instagram selbst empfohlen worden sind oder weil die Menschen hinter den Accounts wichtige Personen des öffentlichen Lebens waren. Diese Reichweiten gehen teilweise in die Millionen. Es dauerte also nicht lange, bis Unternehmen diesen Kanal als tolle Werbeplattform erkannten und unter dem Namen „Influencer Marketing“ gegen nicht unerhebliche Geldbeträge auf diesem neuen Weg ihre Produkte und Themen pushen wollten. So weit, so gut. Bis findige Menschen entdeckten, dass sich auf diese Art und Weise scheinbar sehr leicht Geld verdienen ließe und mit diversen Tricks versuchten, einfach nur möglichst schnell ihre Reichweiten zu erhöhen. Doch statt was dagegen zu tun, spielen alle mit. Die Instagramer selbst, die zunächst mit #f4f, dann mit Like-Gruppierungen (sogenannte Comment Pods) und später mit automatischen Bots ihre Abonnentenzahlen hochtreiben wollen. Die Unternehmen, die mit Instagramern zusammenarbeiten wollen, weil es „in“ ist, aber keine Zeit oder Lust haben, einen Blick hinter die bloßen Zahlen zu werfen. Und Instagram selbst, weil es nichts dagegen tut, schließlich trägt auch das zum anhaltenden Wachstum der Plattform bei – zumindest was die reinen Zahlen angeht – und sorgt damit auch irgendwie für die heutige Relevanz der Plattform. Die regelmäßige Bereinigung von Fake-Accounts und das Vorgehen gegen Instagress sind in meinen Augen nur Augenwischerei.

Geläuterte Lifestyle-Bloggerin Vreni Frost (Foto: Screenshot Instagram)

Vreni und #nevereverme
Und plötzlich sitzt du da, mit einem gut laufenden Blog, tollen Instagram-Bildern und einer regen Fangemeinschaft, aber eben einer vergleichsweise lächerlichen Zahl an Instagram-Abonnenten. Und dann machst du eben mit bei der künstlichen Reichweitenerhöhung und wirst Teil eines kranken Teufelskreises. So wie Vreni Frost. „In den letzten 1,5 Jahren habe ich fast alle Tools ausprobiert, um meine Reichweite zu steigern. Bezüglich meiner Follower-Anzahl buchte ich eine Agentur irgendwo in den USA, die Zugang zu meinem Account hatte und deren Aufgabe es war, anderen Leuten zu folgen (und nach 72 Stunden wieder zu entfolgen), damit man auf mich aufmerksam wird. Das hat eine Weile gut funktioniert, aber irgendwann kamen vermehrt unpassende Follower. Zunächst habe ich das ausgeblendet – egal, der Account wächst ja weiter, ist doch super“, verrät die erfolgreiche Lifestyle-Bloggerin Anfang April 2017 auf ihrem Blog neverever.me in einer Art Outing. „Darüber hinaus war ich bei den verschiedensten Like-Austausch Plattformen aktiv, habe brav Bilder von anderen Usern geliked, um Likes zurück zu bekommen. Dass diese aber keinesfalls meiner Zielgruppe entsprachen, habe ich ausgeblendet. Macht doch jeder so, dachte ich mir. Und damit beginnt die Abwärtsspirale“, erklärt sie das unehrliche Hase-Igel-Spiel, was sie mit dem Beitrag und einer anschließenden Themenwoche zu Instagram nicht nur für sich selbst beenden möchte. Unter dem Hashtag #neverevernotreal ruft sie andere Instagramer dazu auf, es ihr gleich zu tun und nicht nur keine der obigen Tools zu benutzen, sondern in dem Zusammenhang den eigenen Account aufzuräumen und Fake-Accounts rauszuschmeißen. Obwohl das Feedback auf ihr Geständnis und die darauf folgende Cleaning-Aktion umfangreich und größtenteils positiv war, ist ihr Aufruf zur gemeinsamen Instagram Frühjahrsputz-Aktion bisher scheinbar in den Weiten des Internetraums nahezu ergebnislos verhallt. Genau wie Vrenis Anfrage bei Instagram, die zwar zu einem Telefonat bereit waren, den Inhalt des Gesprächs aber nicht veröffentlicht sehen wollten.

Etwas obskur erscheint hingegen der Fall von der Reisebloggerin Nicky Sunderland, die zu einer ähnlichen Zeit wie Vreni gegen das System Instagram aufbegehrte, indem sie in einem – mittlerweile gelöschten – Beitrag auf ihrem Blog eatlivetraveldrink.com namentlich vier Personen (beispielhaft für viele weitere ihr angeblich bekannte) als „Fake Influencer“ bezeichnet und diese Aussage auch mit Fakten begründet, die man noch zusammengefasst in einem ausführlichen Artikel auf onlinemarketingrockstars.de nachlesen kann. In dem Beitrag findet sich auch folgendes Zitat Nicky:

„Es wird immer gängiger, dass Leute Follower kaufen, um sich für Firmen attraktiver zu machen. Und der Kauf von Followern geht meist mit dem Kauf von Likes einher, damit es so aussieht, als ob die Menschen den Content mögen. Manche kaufen sogar Kommentare.“

Wenn man jedoch den Kommentatoren des obigen Online Marketing Rockstars Artikels Glauben schenken darf, hat auch Nicky in diversen Facebook-Gruppen und bereits erwähnten Comment Pods (Gruppierungen, die dazu beitragen, dass Gruppenmitglieder untereinander die jeweiligen Beiträge zeitnah liken, um so den Instagram Algorithmus auszutricksen) zum gegenseitigen Boosten der Beiträge aufgerufen. Schon sehr skurril die ganze Geschichte.

Wiederholtes Folgen und Entfolgen, um auf den eigenen Account aufmerksam zu machen, sorgt für Frust bei Instagram-Nutzern (Foto: Screenshot Instagram)

Erste Hutschnur
Reicht noch nicht, um Empörung bei Euch hervorzurufen? Dann mache ich mal schnell weiter: Katharina Kestler, die zum Beispiel für den Jugendsender Puls des Bayerischen Rundfunks die Tauglichkeit von Instagram als alternativer Reiseführer in der Dominikanischen Republik getestet hat, ist gleich doppelt frustriert. An vielen Blogs stört sie schon seit längerem die Inhaltsleere, mangelnde Qualität und das Streben nach kostenlosen Produkten und dessen übermäßige Honorierung durch die Unternehmen. Da hat sie sicher nicht ganz unrecht, auch wenn sie hier sehr stark pauschalisiert. Bei den Instagram Influencern geht sie sogar noch einen Schritt weiter: „Auf Instagram kommt das dann zur kompletten Perversion. Da geht’s nämlich überhaupt nicht mehr um Inhalt, sondern nur noch um Show. Reichweite wird gekauft, Fotos zu bestimmten Hashtags blind durchgelikt, Bots kommentieren Fotos oder folgen anderen Instagramern, nur um ihnen nach 72 Stunden wieder zu entfolgen. Das alles gibt’s zum Komplettpreis von diversen Agenturen. So kommen Manche ohne gute Inhalte zu krasser Reichweite“, echauffiert sich die freie Journalistin aus München und legt nach: „Es ist überhaupt nicht real, sondern einfach nur Fake. Dahingegen gehen Leute, die was zu sagen hätten, unter, werden von Firmen, aber auch vom Publikum nicht beachtetet, sind frustriert, weil sie kaum positives Feedback und stattdessen das Gefühl vermittelt bekommen, Inhalte seien eh egal. Die Follow-/Unfollow-Nummer machen ja Viele, aber wenn man vier bis fünf Mal vom selben Profil derart verarscht wird, platzt mir die Hutschnur.“

Zweite Hutschnur
Mir ist die Hutschnur geplatzt, als ich mich vor ein paar Wochen das erste Mal mit dem Thema Bots und automatisierter Abonnentengewinnung intensiver beschäftigt habe. Für einen Vortrag über Instagram an der Deutschen Presseakademie depak wollte ich nicht nur theoretisch auf Bots und Co eingehen oder von den Erfahrungen Anderer berichten, sondern dem Ganzen durch einen Selbstversuch mehr Nähe und Realtitätsbezug geben. Also suchte ich mir kurzerhand einen Anbieter, in meinem Fall Social Influence aus München, der mehr Follower und Likes auf Instagram versprach und praktischerweise einen dreitägigen kostenlosen Test anbot. Das Ergebnis:

    – nach 24h: rund 150 neue Follower
    – nach 48h: rund 250 neue Follower
    – nach 72h: rund 450 neue Follower

Noch einmal zur Einordnung: Ich hatte also in sechs Jahren und mit über 1.200 Bildern 578 Abonnenten für meinen Instagram-Account gewonnen. Und jetzt mit einem billigen technischen Trick knapp 450 in gerade einmal drei Tagen und ohne großartig was zu tun. Plötzlich lag meine Instagram Reichweite bei über 1.000 Abonnenten. Und jetzt denkt mal groß: Stellen wir uns vor, ich hätte das nicht drei Tage, sondern drei Monate gemacht. Dann wäre ich jetzt theoretisch bei rund 14.000 Abonnenten (inkl. meinen echten 578). Und bei drei Jahren käme ich schon auf 162.000. Und nach gut zehn Jahren hätte ich meinen persönlichen Instagram Influencer Freund Jordan Herschel eingeholt. Ist ’ne Milchmädchen-Rechnung, aber hey, bei dem Thema ist scheinbar eh alles erlaubt. Wie erschreckend einfach das Tool funktioniert, zeigt das folgende Tutorial:

[wpvideo bLO0V7Dd]

Der Selbsttest hatte aber noch mehr unliebsame Nebenwirkungen: Mein Newsfeed war eine gewisse Zeit kaputt, weil ich plötzlich ganz vielen strangen Accounts folgte. Wirklich erschrocken bin ich jedoch bei der Erkenntnis, dass meine Likes auch auf Bildern waren, die echt grenzwertig sind – oder was würdet Ihr denken, wenn ein Enddreißiger plötzlich Bilder von 15-jährigen Mädchen mit Duckface likt? Ich möchte gar nicht wissen, an was für Bilder der Bot noch Herzchen in meinem Namen gegeben hat. Außerdem brachte ich andere Instagramer gegen mich auf, die berechtigterweise meine Follow-/Unfollow-Strategie ziemlich uncool fanden – sorry @captainhemingway.

Zurecht angepisst: Instagram Nutzer @captainhemingway, dem „ich“ oder besser der Bot folgte, um ihm 72h wieder zu entfolgen.

Seltsame Magie
Um sicherzugehen, dass ich das nicht als Einziger ziemlich doof finde, habe ich einfach mal mit ein paar befreundeten Outdoor- und Bergsport-Bloggern darüber gesprochen, unter anderem Erika Spengler von ulligunde.com: „Wenn ich gerade wieder eine Phase habe, wo ich Instagram weiterbringen möchte, dann achte ich darauf, viel zu posten und vor allem auch viel zu kommentieren. Auch das Überprüfen der Hashtags ist sinnvoll. Aber ich lösche keine weniger erfolgreichen Bilder und beteilige mich nicht beim „like gegen like“. Insgesamt ist mir die Like-Hascherei bei Instagram ein bisschen zuwider und am Ende auch zu aufwändig. Man tut alles, um zu gefallen, aber am Ende ist es doch eher eine seltsame Magie. Ich kann das gleiche Bild zweimal posten und bekomme beim einen 700 Likes beim anderen 200, obwohl es das gleiche Bild ist. Das hat nichts mit der Qualität des Bildes zu tun – das widerspricht mir als Fotografen“, erklärt sie. Und wo sie grad dabei ist, verrät Erika, was ihr bei klassischen Blogs wichtig ist: „Viel wichtiger sind jedoch das Vertrauen und der Kontakt, den Leser zum Blogger haben (Stichwort Engagement) und auch, wie der Anteil zwischen Werbung und eigener Artikel in den Artikeln/Postings ist. Ich persönlich lese kaum Blogs, die platzierte Werbung oder Gastartikel von Firmen haben. Dann kann ich ja auch gleich ein Magazin lesen. Viel lieber sind mir die kleinen Blogs, die gute Qualität bieten und vor allem einen echten Charakter haben. Wo man sich mit dem Mensch dahinter identifizieren kann und sich freut, wenn es mal wieder eine neue Geschichte gibt.“

Outdoor-Bloggerin und Fotografin Erika Spengler von ulligunde.com

Outdoor Blogger Kodex
Außerdem habe ich auch mit dem Outdoor Blogger Network (OBN), der vielleicht wichtigsten Outdoor-Blogger Interessenvertretung Deutschlands, gesprochen. Mit dem auch von St. Bergweh unterzeichneten Outdoor Blogger Kodex haben sie eine freiwillige Selbstverpflichtung für Blogger geschaffen, bei dem sich alle beteiligten Blogger zu Authentizität, Transparenz und Unabhängigkeit bekennen. Zu Instagram oder der automatisierter Reichweitensteigerung verliert der Kodex jedoch leider kein Wort. Noch ein Grund mehr, mit einem der OBN-Gründer ausführlicher über das Thema zu reden. Auf meine Frage, wie das OBN zu Techniken steht, die der künstlichen Erhöhung der Instagram-Reichweite dienen, also z.B. Comment Pods oder automatisierte Bots, antwortete der in Finland lebende Hendrik Morkel folgendermaßen: „Die Benutzung von Comment Pods ist viel Arbeit für die Teilnehmer, da alles selbst kommentiert und gelikt werden muss – mit der grundlegenden Frage, ob es etwas bringt, außer bei eventuellen Sponsoren eine gute Anzahl von Kommentaren aufweisen zu können. Wir würden OBN-Blogger bitten uns mitzuteilen, wenn sie in solchen Comment Pods organisiert sind, aber verbieten nicht die Teilnahme. Das Kaufen von Bot-Followern und Likes ist ethisch für uns allerdings nicht tragbar. Wir können deren Nutzung nicht gutheissen. OBN-Blogger und -Influencer sind authentische und passionierte Outdoor-Menschen, die sowas nicht nötig haben.“ Klare Ansage. Logischerweise stellt sich dann jedoch die Frage, ob der Outdoor Blogger Kodex nicht bezüglich der Verwendung von Comment Pods oder automatisierten Bots aktualisiert werden sollte? Auch darauf hat Hendrik eine Antwort: „Auf jeden Fall, denn Social Media Influencer Kampagnen werden immer wichtiger für unsere Kunden. Wir möchten interessierte Blogger und Social Media Influencer zu uns auf der OutDoor einladen, um mit uns die Social Media Richtlinen des Outdoor Blogger Kodexes zu erweitern.“ Wow, damit hätte die ganze Recherche und Auseinandersetzung mit dem Thema ja schon was gebracht, bevor dieser Artikel online gegangen ist.

Dieses Bild des Hashtags #InstagramByFairMeans darf auch ohne Nennung der Quelle frei verwendet werden

Appell an Blogger, Marken und Berater
Ich möchte aber noch weiter gehen. Schließlich ist nicht jeder Outdoor-Blogger Teil des Outdoor Blogger Networks oder hat den Kodex unterzeichnet. Auch auf Unternehmensseite arbeitet nicht jeder mit OBN zusammen. Und nicht zu vergessen die oft zwischengeschalteten PR-Agenturen, die hier eine wichtige beratende und vermittelnde Rolle einnehmen. Es geht um nicht weniger als die Übertragung eines Outdoor-Ethos in die Kommunikation rund um Outdoor-Themen, den wir aus dem Sport seit jeher als „Fairness“ und aus dem Bergsport als „by fair means“ kennen. Wir alle fühlen uns in gewisser Weise diesem Ethos verbunden – einige mehr andere weniger. Schließlich ist es unser aller Leidenschaft, raus in die Natur zu gehen, die uns Purheit und Ehrlichkeit bietet. Deshalb suchen wir Abenteuer, bei denen wir unseren Körper und Geist wieder spüren. Und deshalb teilen wir das alles mit anderen Menschen, weil das Teilen von Erlebnissen nicht zur Halbierung dieser, sondern zu ihrer Verdopplung führt. Lasst uns nicht in dieses „Rat Race“ eintreten, in dem andere Branchen wie zum Beispiel Fashion und Automobil schon stecken. Fangt von mir aus klein an und lasst das (automatisierte) Pushen Eurer Instagram Accounts weg beziehungsweise schaut Euch potentielle Influencer, mit denen ihr zusammenarbeiten wollt, genauer an. Vergesst oder hinterfragt die Zahlen, legt dafür mehr Wert auf die Personen und die Inhalte. Schickt Euren Kunden nicht nur Listen von Influencer geordnet nach Reichweitenzahlen, sondern nach der Passgenauigkeit zu den Markenwerten. Wie beim echten „By fair means“ legt Ihr Umfang und Interpretation selbst fest.

Wenn Ihr das auch so seht, dann postet Euer nächstes (oder jedes) Instagram-Bild mit dem Hashtag #InstagramByFairMeans. Oder setzt den Hashtag in Eure Bio, also Eure Account-Beschreibung. Oder nutzt den folgenden Schriftzug für Eure Blogs und Websiten. Lasst uns gemeinsam den Unterschied machen.

Nicht tragbar
Zum Schluss habe ich noch von Hendrik, der im Übrigen selbst mit seinem Blog hikinginfinland.com und Aktionen wie dem „No (New) Gear Year“ sehr erfolgreich bloggt beziehungsweise für Aufmerksamkeit in der Szene sorgt, einen abschließenden Tipp an alle Outdoor-Hersteller, Reisedestinationen und deren PR-Agenturen da draußen, den ich uneingeschränkt unterschreiben kann: „Social Media Kanäle werden immer wichtiger für Kunden. Leider wird dabei das beste und nachhaltigste Medium eines Influencers schnell vergessen: das Blog. Ein Blogpost ist die beste Möglichkeit ein Thema zu behandeln, sei es ein Produkttest oder eine Reisereportage. Hier kann ich eine Vielzahl von Medien benutzen – interessante Texte, große Fotos, ausführliche Videos sowie Podcasts und Musik. Hinzu kommt, dass dieser Blogpost nicht in einem Social Media Stream nach zehn Minuten wieder untergegangen ist, sondern selbst nach Monaten und Jahren von Suchmaschinen noch gefunden wird – oft sogar an erster Stelle! Bei unseren Kampagnen sehen wir diese nachhaltige Form der Berichterstattung an erster Stelle, denn sie bringen dem Leser die nutzwertigsten Informationen. Um mich nicht falsch zu verstehen: Auch Social Media Kanäle sind wichtig. Diese sollten aber professionell betrieben werden und frei sein von gekauften Followern und gekauften Likes. Ansonsten sind sie für uns als Netzwerk und Interessenvertretung der Outdoor-Blogger Szene nicht tragbar.“ Word. Ich freue mich auf den Austausch im Rahmen der OutDoor und natürlich auch danach via Kommentar unter diesem Beitrag, per E-Mail (bjoern(at)st-bergweh.de) oder in den bekannten Social Media Kanälen.

Das obligatorische St. Bergweh Musikvideo, das jeden St. Bergweh Artikel beendet, kommt heute übrigens von Paolo Nutini, trägt den Titel Iron Sky und wurde in ein unglaublich sehenswertes Video gepackt:

https://vimeo.com/102826203

+ + + UPDATE 1 VOM 18. Juni 2017 + + +
Die Story geht weiter. Nach durchaus positiver Resonanz von einigen Bloggern und Influencern, blieb der große Bang bisher aus. Ich kann nur vermuten, dass sich der eine oder andere ertappt gefühlt haben könnte. Aber das ist natürlich nur eine Vermutung. Cool finde ich, dass es schon mal dazu geführt hat, dass das Outdoor Blogger Network tatsächlich noch hier auf der OutDoor Fachmesse in Angriff genommen hat, den Outdoor Blogger Kodex um klare Regeln für die Nutzung von Social Media Kanälen zu erweitern. Das Ergebnis wird hier verlinkt, sobald online.

Außerdem ist was Komisches passiert: Es ist ja bekannt, dass Facebook und Instagram Algorithmen verwenden und damit auswählen, wie viele und welche Inhalte der jeweiligen Fangemeinde angezeigt werden. Also habe ich jeweils knapp 20 Euro investiert, um mein Foto zu #InstagramByFairMeans auf Instagram hervorzuheben – also mehr meiner Abonnenten anzuzeigen – und meinen Post auf Facebook bei mehr meiner Abonnennten im Newsfeed auszuspielen. Das Ergebnis im Gegensatz zu Facebook hat Instagram mein bezahltes Hervorheben abgewiesen. Die offizielle Begründung: „Dein Beitrag wurde nicht beworben, da er die Facebook-Werberichtlinien aufgrund von vulgären Ausdrücken verletzt, die sich auf das Alter, das Geschlecht, den Namen, die ethische Herkunft, den physischen Zustand oder die sexuelle Orientierung einer Person beziehen.“ Vulgäre Ausdrücke? Bitte schaut selbst:

Links mein bei Instagram gepostetes Bild und rechts die Ablehnung von Instagram, als ich einen Tag nach dem Posten das Bild in Instagram hervorheben wollte.

Und dann bitte, liebes Facebook, dann sperre meine Anzeige doch auch, schließlich verstoße ich ja angeblich gegen Deine Richtlinien. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Und ich denke, dass Instagram die kritische Auseinadersetzung mit dem Thema Reichweitensteigerung via gekaufter Likes und Follower oder dem des Einsatzes von Bots nicht passt und deshalb dessen Verbreitung bewusst verhindert. Aber auch das ist natürlich nur eine Vermutung.

+ + + UPDATE 2 VOM 21. Juni 2017 + + +
Unter Umständen tue ich Instagram etwas unrecht: In der Beschreibung des abgelehnten Bildes verwende ich die Formulierung „fu**ing“. Darauf könnte sich das „vulgär“ natürlich beziehen. Allerdings ist es ja schon entfremdet und ich könnte ja auch „furzing“ gemeint haben. Wer weiß… Ich kann es aber auch nicht mehr ändern, da Instagram einen kleinen Bug hat: Bereits hervorgehobene (beworbene) Beiträge dürfen nicht mehr verändert werden. Wenn sie aber abgelehnt worden sind, dann wurden sie ja auch nicht hervorgehoben und die obige Regel dürfte nicht greifen. Außerdem sollte der Sinn in der Ablehnung ja darin liegen, ggf. Korrekturen zu ermöglichen, um das Bild werberichtlinienkonform beschreiben und den Hervorhebungsprozess erneut starten zu können.