La Grave ist eine Legende. Schätzungsweise 98 Prozent der europäischen Ski- und Snowboardfahrer haben noch nie etwas von diesem kleine Ort mitten in den französischen Alpen gehört. Unter den restlichen zwei Prozent gilt er jedoch als das Mekka des Freeridens. Lediglich eine alte, sehr skurrile Seilbahn aus den 70er Jahren bringt die Gäste von La Grave ins Skigebiet, das wiederum eher einem Wildgehege gleicht als einem Skiresort. Wer hier hin kommt, entscheidet sich bewusst gegen Piste, Regularien und Aprés Ski. Wer hier hin kommt, will auch keine großen Hotels, teure Restaurants oder irgendeine Form der künstlichen Bespassung. Wer hier hin kommt, will La Grave – die Legende – erleben. Doch damit hat es vielleicht bald ein Ende.
Benachbarte Skigebiete und Investoren wollen sich die klammen Gemeindekassen und die nötige Instandhaltung der Seilbahn zu nutze machen, um La Grave zu einem „echten“ Skigebiet zu machen. Aus einer Legende und einem sehr speziellen Ort würden so ein paar zusätzliche Pistenkilometer und Raum für neue Hotels werden. Ehe man sich versieht, wäre es vorbei mit dem wilden, unagepassten Spirit von La Grave.
Doch es hat sich Widerstand formiert. Eine Non-Profit Organisation namens Signal de La Grave, möchte den Betrieb der Seilbahn übernehmen und für eine nachhaltige Entwicklung der Region sorgen. So soll La Grave gerettet werden und Ihr könnt helfen, indem Ihr noch heute – und damit dem letzten möglichen Tag – die Crowdfunding-Kampagne von Signal de La Grave mit einer Spende unterstützt. Hier geht’s zur Kampagne. Auch ohne Geld könnt Ihr helfen: Teilt einfach diesen Artikel mit Euren Freunden. Ganz nach dem Motto: Sharing is caring. Als Belohnung habe ich hier nicht nur ein schönes und wirklich sehenswertes Video über La Grave aus der erfolgreichen Video-Documentary-Reihe „A Skiers Journey“ für Euch, sondern auch ein exklusives Interview mit Samuel Rieder, einem der Protagonisten von Signal de La Grave. Seine Worte sind eine dringender Aufruf an uns alle, dass es nötig ist, dass wir uns engagieren, wenn wir etwas Erhaltenswertes erhalten wollen. Auf der Couch ist es bequem, bewegen kann man von hier aus aber nichts.
STB: Erzähle mir etwas über die Menschen hinter Signal de La Grave?
Samuel Rieder: Wie Du Dir wahrscheinlich vorstellen kannst, sind für ein aufwändiges Projekt wie Signal de La Grave eine ganze Gruppe von Menschen nötig. In diesem Fall sind es sechs Personen: Joost, der in La Grave lebt und hier schon mehrere Jobs hatte, aktuell als Berater einer Plastikfirma. Ich selbst bin Belgier, selbständig und habe Joost durch einen Artikel im Powder Magazin kennengelernt, in dem es um die aufkommenden Probleme in La Grave ging. Gemeinsam mit meinen zwei belgischen Freunden John und Mathias kontaktierte ich Joost, denn die Vorstellung, La Grave könnte einfach so verschwinden, schockierte uns. Das Telefonat mit Joost bestätigte unsere Befürchtungen und wir versprachen einander, dass wir alles versuchen würden, um La Grave zu retten. Das alles passierte bereits vor zwei oder drei Jahren.
Es gab im Verlauf des Projekt einige Auf und Abs, denn es war nicht immer einfach, die Gemengelage immer richtig zu verstehen. Zum Glück trafen wir Benoit, ein junger Franzose aus Lyon. Er half uns dabei, den Antrag an die Gemeinde zu formulieren. Vanessa Beucher, eine junge Französin, brachte uns in Kontakt mit Patagonia und mit wichtigen Medienvertretern. Gerade bei letzterem half uns auch die Tochter von Per As, Josephine. Auch dank dieser wundervollen Menschen war es trotz aller Probleme und Schwierigkeiten bis zum heutigen Tag eine wunderbar interessante Reise.
STB: Warum tut Ihr das alles?
Samuel Rieder: Unsere Motivation ist ganz einfach: Die Atmosphäre in La Grave ist einfach überwältigend und etwas ganz einzigartiges. Wir könnten einfach nicht nur auf irgendeiner Couch sitzen und nichts tun, während der Spirit von La Grave stirbt. La Grave ist ein Ort, der es wirklich wirklich verdient hat, noch Generationen zu überdauern. Wir lieben einfach nur die Berge und seine Bewohner.
STB: Gibt es etwas, was Dich bei Deinem Kampf um La Grave stört?
Samuel Rieder: Ja. Dass ich diesen Kampf nicht in „Vollzeit“ kämpfen kann, weil ich mit bezahlten, aber zeitaufwändigen Jobs für meinen Lebensunterhalt sorgen muss [lacht].
STB: Bedeutet Eure Kampagne für den Erhalt von La Grave gleichzeitig, ein Zeichen zu setzen gegen die Kommerzialisierung der Alpen?
Samuel Rieder: Das kann man schon irgendwie so sagen. Es gibt so viele kommerziell betriebene Plätze in den Alpen. Gleichzeitig verschwinden authentische Orte wie La Grave mehr und mehr von der Landkarte – traurig. Warum müssen sich alle Skigebiete und -regionen ähneln? Wir brauchen Vielfalt. Und wir brauchen mehr Orte, die (noch) nicht kommerziell ausgeschlachtet sind oder werden. Wir müssen zumindest in einigen Regionen die Seele der Bergdörfer erhalten. Nicht jedes Dorf muss sich solange verändern, bis es ein Umfeld schafft, das den Bedürfnissen und Wünschen der Touristen gerecht zu wird. Die Menschen können sich auch der Umgebung anpassen.
STB: Gibt es eine Möglichkeit, Euch auch noch nach Beendigung der Crowdfunding Kampagne zu unterstützen?
Samuel Rieder: Da gibt es gleich mehrere Möglichkeiten: Sollten wir die Seilbahn übernehmen können, dann kann man uns am besten unterstützen, indem man hier her kommt, um Zeit an diesem wundervollen Ort zu verbringen. Sollte das mit der Seilbahn nicht klappen, werden wir weitere Spendenaufrufe starten. Alternativ kann uns jeder supporten, indem er oder sie Mitglied bei Signal de La Grave wird und wir gemeinsam als eine Art Verein für die nachhaltige Entwicklung der Region kämpfen.
STB: Hast Du zum Abschluss noch eine Botschaft an die Freerider da draußen?
Samuel Rieder: Bleibt ein Teil dieser wundervollen und naturnahen Bewegung. Keep on riding! And keep it wild!
STB: Danke Samuel!
Passend zum Motto „Keep (La Grave) wild“ kommt das heutige St. Bergweh Musikvideo von J Dilla (RIP) und heißt „Wild“: