UPDATE NR. 2: FREE RIDE EUROPE

Das erste Update über das erste Drittel meines Free Ride Europe Roadtrips ist ja nun schon ein paar Wochen her. Gar nicht so einfach, immer Zeit zu finden, um sich an den Rechner zu setzen und zu schreiben. Jetzt ist es aber geschafft und hier nun das zweite Update über das zweite Drittel der Reise. Viel Spaß…

Das ist der Grund für Free Ride Europe – zumindest ein offensichtlicher

Stopp 7: Triglav Nationalpark (SLO)

Mit großen Ambitionen sind Julius und ich in Linz in Richtung Triglav Nationalpark losgefahren – aber auch ein bisschen blauäugig. Ziel ist es, den höchsten Berg Sloweniens im Winter zu besteigen und damit zu einem echten Slowenen zu werden, so sagt man. Je mehr wir uns mit dem Triglav beschäftigen, desto mehr wird uns klar, dass zumindest das Erreichen der Kredaricahütte (aka Triglavhaus) unterhalb des Gipfels ein Erfolg wäre. Normalerweise finden Skitourenbesteigungen des 2.864 Meter hohen Triglav nämlich eher im April oder Mai statt. Und dann wollen es die ahnungslosen Deutschen in einem schneereichen Winter im Alleingang und ohne adäquatem Kletterequipment Ende Februar versuchen. Stupid. Wir organisieren uns also das nötige Equipment, sprechen mit einem einheimischen Bergführer und laufen einfach mal los, stellen aber früh fest, dass die Lawinengefahr einfach zu hoch ist. Ergebnis: Eine geile Tiefschneeabfahrt, insgesamt eine gute Zeit in Slowenien und ein offener Punkt auf der Bucket List.
Als Alternative gehen wir am nächsten Tag mit unseren Boards und Ski auf den Vrsic-Pass, der Slowenien im Sommer mit Italien verbindet. Von dem Pass aus gibt es mindestens zwei schöne Gipfel, die man begehen und abfahren kann. Aber auch hier ist offensichtlich – und wird uns von zwei Touren- und Eisklettergruppen, die wir beim Aufstieg treffen – bestätigt: Das Lawinenrisiko ist zu hoch. Also erinnern wir uns an das Sprichwort „Only an old freerider is a good freerider“, genießen windgeschützt die Sonne auf dem slowenisch-italienischen Grenzpass und hiken vor der Abfahrt zu unserem Camper Van nochmal ca. 200 Höhenmeter in einen verheißungsvoll aussehenden Tiefschneehang, um mit ein paar weiten weichen Turns den Treerun entlang der schneebedeckten Passstraße zurück zum Auto einleiten zu können.

Einfach da hoch, wo der Schnee am schönsten aussieht

Stopp 8: Defereggental (A)

Unseren nächsten Stopp in Osttirol versteht niemand so richtig. „Was wollt ihr denn da? Da ist doch nichts los“, war oft die Reaktion. Aber wir hatten von einem Freund aus der Hamburger Freeride-Community Fischkoppriding den Tipp bekommen, dass es sich insbesondere im Defereggental wunderbar freeriden lässt. Also auf die Vorbehalte der Anderen schei… und ab ins Osttiroler St. Jakob im Defereggental. Im Nachhinein eine hervorragende Entscheidung. Wegen der Menschen, die wir dort getroffen haben, aber natürlich auch wegen der Bergerlebnisse. Fangen wir bei den Menschen an: Berg- und Skiführer Günter Troger lässt uns neben seinem Sportgeschäft Intersport Troger direkt an der Brunnalmlift-Talstation übernachten und versorgt uns mit Strom. Daniel Kleinlercher von der Freerideschule Kleinlercher nimmt uns nicht nur auf eine traumhafte Splitboard- und Skitour mit, sondern ist auch sonst immer mit Rat und Tat zur Stelle. Die Familie Jesacher bietet uns spontan Hilfe für unsere ermüdeten Muskeln und schwitzigen Körper an öffnet den Wellnessbereich des Jesacherhofs auch nach Feierabend für uns. Oder Gastronom Bruno Gasser, der uns auf die urige Alpe Stalle zum Abendessen einlädt, zu der man nur zu Fuß und rückwärts mit dem Schlitten kommt – wir steigen natürlich mit Stirnlampe und Splitboard/Tourenski auf und fahren auch entsprechend ab, logisch.
Und was geht am Berg? Einen Tag verbringen wir im Skigebiet und an einem Tiefschneehang, der über einen ca. 30-45 minütigen Aufstieg erreichbar ist und uns den ganzen Tag als Spielwiese dient – nur uns und so sind alle sechs Lines am Ende des Tages ausschließlich von uns. Noch besser ist aber die Tour mit Daniel am Staller Sattel. Der Pass am Ende des Defereggentals in Richtung Italien ist im Winter immer geschlossen und der perfekte Ausgangspunkt für Touren auf die umliegenden Berge, da man sich schon beim Loslaufen auf gut 2.000 Metern Höhe befindet. Daniel probiert mit uns eine Abfahrt aus, die er so auch noch nicht gemacht hat, wo er aber für die aktuellen Verhältnisse den besten (und sichersten) Schnee sowie eine schöne Geländeformation vermutet. Und er behält zu unserer Freude recht – Pow Pow, yeah. Zur Belohnung gibt es eine späte Einkehr mit zünftiger Brotzeit im Alpengasthof Obersee. Wenn also nochmal jemand sagt „Osttirol, was wollt ihr denn da“, dann werden wir nur schmunzelnd weitergehen.

Perfekter Schlafplatz neben dem Intersport Troger direkt an der Skilift Talstation

Stopp 9: Innsbruck (A)

Was soll ich über Innsbruck sagen: Diese Stadt ist einfach gesegnet mit Natur- und vor allem Berghighlights in Sichtweite. Klar ist in dieser vielleicht lebenswertesten Stadt Österreichs nicht alles Gold, was glänzt – zum Beispiel das strittige Bergbahnbauprojekt der neuen Patscherkofelbahn. Dennoch kann man sich nicht satt sehen an den Bergen, die sich leuchtend weiß zwischen den Häuserzeilen zeigen. Insbesondere die Nordkette ist beeindruckend und ich bin froh, dass Jonel Fricke, den ich vergangenes Jahr für das Pleasure Snowboard Magazin interviewen durfte, Bock hat, einen Tag genau dort absolut mellow mit mir snowboarden zu gehen. Danach Sauna und anschließend Pizza essen, während wir uns unter anderem den Film über Jonels Japan-Trip vom Vorjahr anschauen:

Es gibt aber noch mehr zu erleben: Zum Beispiel gelingt es mir, die Person hinter dem anonymen Instagram-Accounts @elsa_kann_nicht_schlafen zu treffen. Ich hoffe, dass ich Euch hier bald ein Interview präsentieren kann. Außerdem sammle ich Karmapunkte, indem ich BergNerdsHH #2 Nico von Delayon Eyewear beim Umzug helfe. Und um elementare Camperfragen geht es speziell zu der Zeit auf meinem Instagram-Account auch noch.

Mit Jonel Fricke über Innsbruck

Stopp 10: Arlberg (A)

Der nächste Stopp bringt mich in die „Wiege des alpinen Skilaufs“ – an den Arlberg. Base ist für die nächsten Tage ein kleiner aber feiner Wintercampingplatz kurz vor St. Anton. Am ersten Tag nimmt mich Fio Nachtigall, eine Fischkoppriderin aus Hamburg, die die Wintersaison in St. Anton verbringt, mit auf eine kleine Tour auf den Maroikopf. Im Gepäck hat sie acht schwedische Ski-Bums und eine Boombox, aus der beim gesamten Aufstieg Hiphop-Beats schallen. Die Idee haben offensichtlich auch nicht nur wir, denn im Aufstieg und auf dem Gipfel haben wir 30-40-köpfige Gesellschaft. Der nächste Tag wird ruhiger – aber gleichzeitig anspruchsvoller. Mit Nina und Dirk von Posay Shirts aus Köln, die ihre Homebase im Winter in Bludenz haben und ebenfalls in der Fischkoppriding Community aktiv sind, geht es hikend auf die Vallugaspitze. Wir wollen die guten Bedingungen nutzen, um die Westabfahrt zu machen, die noch wenig befahren sein dürfte. Eine Gruppe mit Bergführer, die die Gondel benutzen dürfen, schafft es vor uns in die Rinne. Danach sind wir dran. Bevor es weiter geht in die Schweiz, treffe ich noch Bergabenteurerin und -liebhaberin (wie ich sie bezeichnen würde) Vreni in Lech, deren Blog ich wärmstens empfehlen kann, und unterhalte mich mit ihr unter anderem über das Leben in den Bergen – das Ergebnis gibt es bald zum Nachlesen.

Hike auf die Valluga Spitze

Stopp 11: Corvatsch (CH)

Eigentlich müsste dieser Abschnitt „Corvatsch – St. Gallen – Rheinfelden“ heissen, aber dazu gleich mehr. Im Engadiner Skigebiet Corvatsch treffe ich zunächst Stefan Plattner, den beim legendären Positivity Camp kennengelernt habe. Leider hat er selbst keine Zeit, um mit mir snowboarden zu gehen. Aber er sorgt dafür, dass ich stattdessen mit den Engadin-Locals Patrick Koller und Franco Furger erstklassige Begleitung habe und unter anderem das Furtschellas Couloir und einige Varianten bei frischem Powder abfahren kann. Anschließend geht es kurzfristig nach St. Gallen, wo ich mit Paul Gruber eine echte Snowboardlegende treffe. Seit fast 40 Jahren fährt er Snowboard und hat wahrscheinlich als erster Europäer bei Jake Burton ein Snowboard bestellt. Seit 19 Jahren organisiert Paul die Longboard Classics in Stuben, die in diesem Jahr am 7. April stattfinden und als „Woodstock des Snowboardens“ gelten. Schließlich verschlägt es mich nach Rheinfelden in der Nähe von Basel. Hier treffe ich André Morgner. Der gebürtige Sachse ist nicht nur leidenschaftlicher Snowboarder und ein begnadeter Street Art Künstler (Synonym: Boogie), sondern auch der Kopf und die künstlerische Hand hinter dem Projekt „Boys from the Wood“, den etwas anderen Räuchermännchen. Langsam brauche ich allerdings wieder etwas Schnee unter dem Brett, was mich nach Oberwald ins schweizerische Goms führt.

Meine zwei Engadin-Locals vor der Abfahrt durch den Powder

Stopp 12: Oberwald (CH)

Apropos „Führen“: Im Fall von Goms ist das eine nicht ganz alltägliche Angelegenheit, denn man kommt von Osten aus nur mit Hilfe eines Autozugs durch den Furkatunnel in das Hochtal. Mit meinem Sunlight Camper Van ist das schon ein kleines Erlebnis, aber kein Problem. Stefan, eines der vier Mitglieder der Freshies Crew, die ich vor einiger Zeit bei Instagram kennengelernt hatte, nimmt mich in dem herrlich verschneiten Bergdorf Oberwald in Empfang. Ich habe lange nicht mehr so viel Schnee auf Häuserdächern gesehen. Von der ersten Minute an fühle ich mich bei den Jungs wohl, die mir schließlich ohne dass wir uns wirklich kennen, Unterkunft und gemeinsames Shredden in ihrem Backyard ermöglichen. Dass das keine Ausnahme ist, beweist der Umstand, dass ich nicht der einzige spontane Gast bin: Der in Norwegen lebende Isländer Höskuldur, den die Freshies auf ihrem Trip nach Spitzbergen kennengelernt hatten, ist in der Gegend und wird spontan nach Oberwald eingeladen, um zusammen splitboarden gehen zu können. Mit diesen Erlebnissen und diesem Spirit im Gepäck geht es weiter nach Alagna, wo ich mit Nils und Moni zwei weitere Fischkopprider treffen werde.

Die Schneebedingungen sind suboptimal, die Stimmung könnte aber nicht besser sein

Das obligatorische St. Bergweh Blogpost Abschlussvideo ist ein Ohrwurm, den ich von meinem Aufenthalt im Headquarter der Freshies Crew mitgebracht habe: Brothers On The Slide von Cymande.