Bergweh hat Traumweh

Der Zufall schreibt die schönsten Geschichten. Ich lerne Susan als eine von vielen Stimmen an meinem Telefon im Büro kennen. Sie so: „Sie kennen doch unsere Softwarelösung.“ Ich so „Ja.“ Und sie so: „Wir haben sie nochmals verbessert und würden Ihnen das gerne mal persönlich präsentieren.“ Darauf ich so: „Ok.“ Und sie wieder so: „Darf ich einfach mal vorbeikommen – dauert auch nicht lange.“ Schlussendlich ich so: „Na gut.“ Ein klassischer Akquiseanruf eines Dienstleisters, der unserer Agentur etwas verkaufen will. Das war vor ca. drei Jahren, würde ich sagen. Wir nutzen die Softwarelösung heute noch immer nicht. Aber ich habe Susan kennengelernt und mittlerweile auch ihren Freund Tim. Zufällig und schön. Denn die Zwei teilen ein tiefes Gefühl mit mir – auch wenn wir diesem Gefühl unterschiedliche Namen gegeben haben. Sie nennen es Traumweh. Ich nenne es Bergweh. Sie haben ein Buch darüber geschrieben. Und ich diesen Blog gestartet.

Susan Döhring und Tim Wohlfeil: So sieht es aus, einfach mal gemacht zu haben (Foto: Susan Döhring / Tim Wohlfeil)
Susan Döhring und Tim Wohlfeil: So sieht es aus, einfach mal gemacht zu haben (Foto: Susan Döhring / Tim Wohlfeil)

Anfang des Jahres schickte mir Susan ein Rezensionsexemplar ihres Buches. Auf den ersten Blick ist es die Zusammenfassung einer zweijährigen Weltreise, die sie gemeinsam unternommen haben. Für mich ist es aber mehr. Deshalb lege ich das Buch auch nach den ersten Seiten schnell weg, statt es zu lesen. Susan und Tim sind mittlerweile wieder unterwegs und wir haben uns kurz vor ihrer Abreise zum Mittagessen im Hamburger Schanzenviertel getroffen. Ich gestehe ihnen, dass ich das Buch einfach nicht lesen konnte – und zwar aus Selbstschutz. Auf den ersten Seiten wurden mir die Parallelität ihrer und meiner Welt klar. Das Buch beginnt mit einem Zitat eines Freundes von Tim, das nahezu unaufhaltsam einen Gedankenprozess in Gang setzt:

„Alles was Du besitzt, besitzt irgendwann Dich.“

Dieser völlig überladene Rucksack, den man sich über die Jahre gepackt hat und den man eigentlich nur kurz abzusetzen vermag, wenn man dem Alltag durch Reisen wie die, die oder die kurz entflieht. Zusammen mit dem Wirrwarr an Fragen im Kopf wie „Wo will ich hin?“, „Mache ich den richtigen Job?“, „Was bleibt von mir?“ und so weiter ergibt das eine hochexplosive Mischung. Deshalb habe ich das Buch zunächst zur Seite gelegt.

Fast ausgelesenes Exemplar von Traumweh auf dem St. Bergweh HQ Holzfussboden: Wie du es bekommen kannst, liest du ganz unten
Fast ausgelesenes Exemplar von Traumweh auf dem St. Bergweh HQ Holzfussboden: Wie du es bekommen kannst, liest du ganz unten

Mittlerweile habe ich die Hälfte von Traumweh durch und das Gefühl, euch mal einen kleinen Eindruck von dem Buch vermitteln zu müssen. Ja, es ist kein professionelles Buch – schon gar kein Reiseführer. Es gibt einige Tippfehler. Manche Worte sind nicht richtig gewählt und manchmal springt unvermittelt der Schreibstil. Das mag den einen oder anderen stören. Es macht das Ganze aber auch authentischer. Man kommt den Charakteren von Susan und Tim deutlich näher, als das ein perfekter Text hätte schaffen können. Und es vermittelt den Moment: Was und wie denken und fühlen die Beiden in den unterschiedlichen Situationen – und das über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren. Eigentlich lässt es sich gut mit einem Tagebuch oder Blog vergleichen und ersteres ist ja auch die Grundlage des Buches, das unter anderem von gefälschten Arztrezepten und nie benötigten Medikamenten erzählt. Von geklauten Rucksäcken und Fremden, die zu Freunden werden. Von schlaflosen Nächten und traumhaften Schlafplätzen. Von wertlosen Erlebnissen, die viel zu viel Kosten und kostenlosen Abenteuern, die unsagbar viel wert sind. Von der Belanglosigkeit der Komfortzone des geregelten Alltags und der Schönheit des oft schmerzlichen Ausgesetzseins gegenüber den Naturgewalten. Ich habe mich jedenfalls in einigen Situationsbeschreibungen vollends wiedergefunden. Damit gewinnt das Buch für mich persönlich an Wert. Aber ich mag auch den sehr lebendigen Schreibstil, der in den meisten Fällen eine tolle Balance findet zwischen Abenteuerromantik, ernsthaften Gedanken und der nötigen Prise Humor. Um einen kleinen Eindruck zu gewinnen, habe ich euch mal ein paar Textstellen rausgesucht:

„Es gibt hier Wasserfälle, Bergketten, Sonnenuntergänge und Panoramen, die man sich als Künstler erst einmal trauen müsste zu malen.“

„Unser Wrangler ist der Chuck Norris unter den Geländewagen. Genauso unrasiert, grobschlächtig und gnadenlos. Dieses Auto ist der „Roundhouse-Kick“ in die Fresse von Mutter Natur. Zartes Grün wird von den Grobstollenreifen einfach platt-gewalzt, der 8-Zylinder lässt sich kaum unter 20 Litern bewegen und der Gesamtauftritt dieses Autos ist umweltpolitisch in etwa so korrekt, wie ein lauter Furz in einer Kirche.“

„Ich gönne den Touristen von ganzem Herzen Lake Louise, ihr könnt ihn haben, diese perfekt gepflegte Anlage mit den bundesgartenschaugleichen Ufern, den Souvenirläden und den anderen Besuchern eurer Sorte. Ihr könnt den Maligne Lake unter euch aufteilen, den Emerald Lake und seine tiefblauen Wasser trinken oder in kleinen Fläschchen als Heilwasser verkaufen, Moraine Lake und das perfekte Wetter über all diesen perfekten Seen könnt ihr gerne für euch haben. Ich will nur einen. Lasst mir den Lake O’Hara. Kommt nicht hierher, macht eure Fotos woanders, arrangiert eure Gruppenbilder vor einem anderen Panorama und lasst mich alleine auf diesem kalten Gipfel die Aussicht genießen. Kommt mir beim Aufstieg nicht verschwitzt entgegen, versteht nicht, warum mir das Wetter auf dieser Wanderung egal war, zertrampelt nicht die Trails, wundert euch nicht, warum es hier kein Softeis, entkoffeinierten Espresso to go und Andenken aus Glas gibt. Dieser See ist nicht für euch. Das ist mein See.“

„Das Problem mit Yellowstone ist, dass sich seine Einmaligkeit mit dem Auto ansteuern und äußerst bequem erleben lässt. Wir haben hier Orte und Phänomene beobachtet, die uns schwer beeindruckt haben, aber dann hat irgendetwas gefehlt. Die Belohnung, die ein solcher Ort sein kann, wenn man ihn sich erkämpft, wenn man alles gegeben hat.“

Zum Abschluss möchte ich einem Wunsch von Tim nachkommen:

„Tatsächlich würde ich mich am meisten freuen, wenn Traumweh, das Buch, reisen gehen würde. Wenn es ausgelesen irgendwo zurückgelassen und durch Zufall von einem anderen Reisenden aufgelesen würde. Traumweh sollte nicht säuberlich in einem Bücherregal stehen und hin und wieder entstaubt werden. Traumweh sollte bekleckert und schmutzig, mit Sand berieselt, irgendwo im Dreck gelesen werden, im Rucksack geknickt und im Regen nass werden. Traumweh sollte ein Geschenk an einen Reisenden sein.“

So soll es also sein. Wenn ihr das ausgelesene St. Bergweh Exemplar von Traumweh haben wollt, dann schreibt entweder bis 17. Mai 2015, 18 Uhr, einen Kommentar unter diesen Beitrag mit einem Hinweis, auf welche Reise ihr das Buch mitnehmen wollen würdet (wäre gleich noch so eine kleine Inspiration für mich). Oder ihr sucht den entsprechenden Post zu diesem Artikel auf der Facebook-Seite von St. Bergweh oder in meinem Instagram-Account und markiert in den Kommentaren die Person, der ihr das Buch gerne auf ihre nächste Reise mitgeben wollt. Ansonsten könnt ihr das Buch natürlich auch kaufen. Am besten nur im Notfall bei Amazon, euer Buchladen um die Ecke bestellt euch das Buch sicher auch. Support your local Dealer.