Es ist soweit: Bisher waren einfache Gesichtsmasken zur Eindämmung des neuen Coronavirus lediglich eine Empfehlung, nun sind sie zwingend vorgeschrieben – zumindest in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Gerade im Alltagsumfeld sollten wir deshalb möglichst schnell wegkommen vom Gebrauch von Einwegmasken und uns von Anfang an an Mehrwegmodelle gewöhnen – oder hat sich schon jemand Gedanken darüber gemacht, wie wir sicherstellen, dass täglich mehrere Millionen Masken umweltgerecht entsorgt werden (Spoiler: Sie gehören ausschließlich in den Restmüll; bei Infizierten sogar am besten noch separat in ein oder zwei Plastikbeutel verpackt)? Natürlich müssen auch mehrfach nutzbare Masken irgendwann ausgetauscht werden, aber eben deutlich seltener. Dieser Erkenntnis folgend haben wir mal geschaut, welche Outdoorhersteller bereits aktiv geworden sind und wo man mehrfach nutzbare Mund-Nasen-Masken herbekommt (Ergänzungen gerne per E-Mail oder in den Kommentaren).
Bei der Recherche hatten wir noch eine weitere Erkenntnis beziehungsweise sind auf ein wichtiges Thema gestoßen: Was passiert mit den ganzen bereits produzierten Outdoorprodukten, die aktuell nicht verkauft werden können beziehungsweise für die es gerade eine geringe Nachfrage gibt? Dieser Frage wollen wir uns am Ende des Artikels ganz kurz widmen.
Die Stratos Mask von La Sportiva
Beim italienischen Bergschuhhersteller La Sportiva müssen wir mit einer kleinen Vorgeschichte anfangen: In einem am 21. März 2020 veröffentlichten Interview der Fachzeitschrift Textilwirtschaft forderte der La Sportiva CEO Lorenzo Delladio „Schließt die Fabriken!“. Für sein Unternehmen hatte er bereits neun Tage zuvor angekündigt, dies für mindestens drei Wochen zu tun – mit dem Ergebnis: 30.000 Paar weniger produzierte Schuhe (von denen wohl 90 Prozent bereits an Modehändler verkauft gewesen seien) und Umsatzeinbußen von vier 4 bis 5 Millionen Euro. Mittlerweile dürften sich die Zahlen noch signifikant vergrößert haben. Trotz dieser Aussicht zweifelte Delladio zu diesem Zeitpunkt nicht an seiner Entscheidung: „Mir war es … wichtig, ein klares Zeichen an alle zu senden. Nur wenn alle zuhause bleiben, setzen wir dem Ganzen schnell ein Ende.“ Seine Devise:
Enorme Verluste jetzt, dafür ein schnellerer Neustart in der Zukunft.
Lorenzo Delladio, CEO La Sportiva
Zunächst produzierte das Unternehmen ausschließlich Masken für den Zivil- und Katastrophenschutz der italienischen Region Trento. Mittlerweile starte La Sportiva nun also mit dem Verkauf einer Gesichtsmaske für den Allgemeingebrauch. „Wir versuchen, auch für den Alltagsbereich innovative Lösungen anbieten zu können. Damit möchte La Sportiva ein bisher unterschätztes Problem lösen, nämlich die Umweltauswirkungen, die durch die derzeit auf dem Markt befindlichen Einwegmasken verursacht werden“, erklärt Delladio in einer Pressemitteilung am 9. April 2020. Das Ergebnis hört auf den etwas hochtrabenden Namen „Stratos Mask“ und ist eine hygienische Sportmaske mit leicht austauschbarem Innenfilter. Die Maske ist wasch- und wiederverwendbar und dank ihrer Ergonomie, die das Gesicht sicher und bequem umhülle, angenehm zu tragen. Die ersten Prototypen entstanden aus den technischen Stoffen der La Sportiva Bekleidungskollektion. Bereits nach der ersten Testphase hat das Unternehmen die Anmeldung zum Patent eingereicht und will in einer zweiten Phase evaluieren, ob es Antrag auf Gesundheitszertifizierung stellen will. Gegenwärtig ist die Stratos Mask also eine hygienische Gesichtsmaske, die beim Sport verwendet werden kann.
Bleed garantiert Smile Inside
Mein persönlicher Favorit sind die Smile Inside Masken des nachhaltigen, fairen und tierleidfrei produzierenden Outdoor-Labels Bleed. Die grau-melierten Masken werden in Portugal aus Modal (Tencel) Jersey hergestellt und sollen so nicht nur besonders angenehm auf der Haut zu tragen, sondern auch äußerst atmungsaktiv sein. Dass für die Herstellung des Materials weder Pestizide noch irgendwelche anderen Giftstoffe verwendet worden sind, ist zumindest bei Bleed selbstverständlich. Waschbar ist sie bis 60 Grad Celsius. Für jede verkaufte Maske spendet die oberfränkische Textilschmiede zudem eine weitere Maske an eine soziale Einrichtung. Mehr Infos zur Maske und den Hintergründen gibt es in dem folgenden Video:
Craft – support your local dealer
Das schwedische Unternehmen Craft produziert Mund-Nasen-Masken (Typ 1) für seine Handelspartner, die sie wiederum an ihre Kunden in den Geschäften weitergeben können. Das soll laut Aussagen des Unternehmens nicht nur dabei helfen, die Masken-Pflicht im Sportfachhandel umzusetzen, sondern mit dem Aufdruck „Support your local dealer“ bewusst dazu animieren, den Sporthändler um die Ecke zu unterstützen. Die Craft Community Masks sind wiederverwendbar, waschbar bei 90 Grad Celsius, wasserabweisend auf der Außenseite und „sanitized bakteriell“ ausgerüstet auf der Innenseite. Zudem sind die Masken (87% Polyester, 13% Elasthan) made in Europe.
Die Dyota Ag+ Ion Mask von F-stop
Die waschbare und wiederverwendbare Dyota Ag+ Ion Mask von F-stop hat den Anspruch, mehr zu sein als eine einfache Gesichtsmaske. Für die Außenhülle verwendet der Hersteller von Fototaschen für Outdoor- und Abenteuerreise-Fotografen speziell beschichtetes Polyester, das antimikrobielle Eigenschaften hat. Die dichte Vliesstoff-Polyester-Mittelschicht bietet zusätzlichen Schutz vor Partikeln und Flüssigkeitströpfchen. Und die mit DuPont Silvadur behandelte Innenschicht nutzt eine Silber-Ionen-Technologie zur weiteren Reduzierung von Mikroben. Alle Materialien sind Bluesign zertifiziert und entsprechen damit sehr hohen Nachhaltigkeitsansprüchen. Anders als viele andere Masken soll sie jedoch nicht heiß, sondern mit milder Seife von Hand gewaschen werden und an der Luft trocknen. Alternativ könne man sie mit 75-prozentigem Alkohol desinfizieren. Die innere und äußere Beschichtung soll 45 Waschgänge überstehen.
Maloja sagt Viren den Kampf an
Auch die bayerische Kult-Marke Maloja will einen Beitrag dazu leisten, dass Mund-Nasen-Masken im Alltag wirklich viel und gerne getragen werden. Deshalb haben sie in den letzten Wochen an der Entwicklung einer dreilagigen Mund-Nasen-Maske aus atmungsaktivem Funktionsstoff gearbeitet, die mit einer Vlies-Einlage als Tröpfchenfilter ausgestattet ist. Zudem setzt Maloja für die Community-Masken als eine der ersten Marken weltweit die neue ViralOff-Ausrüstung des schwedischen Hygiene-Spezialisten Polygiene ein. ViralOff soll laut Aussagen von Maloja – neben Bakterien – auch Viren reduzieren und zwar um mehr als 99 Prozent innerhalb von zwei Stunden. Laut Aussagen von Polygiene gilt das auch für bereits bekannte Coronaviren wie SARS. Hergestellt werden die Maloja-Masken bei der Maloja-Tochterfirma Viomoda in Bulgarien sowie in zwei Partnerbetrieben in Portugal. Die Masken sind zunächst nur einfarbig verfügbar, ab Mitte Mai sollen weitere Mund-Nasen-Masken mit den für Maloja typischen Druckmotiven folgen.
Pally’Hi: Merino auch bei Masken
Die von Snowboard-Pionier Peter Bauer gegründete Marke Pally’Hi steht ja für funktionelle Outdoorbekleidung aus Merinowolle mit einer Prise Streetwear-Ästhetik – könnte also nicht besser in Hamburgs 105. Stadtteil St. Bergweh passen. Ganz aktuell im Sortiment ist eine zweilagige Mehrweg-Mund-Nasen-Maske aus atmungsaktivem, natürlichem Merino-Bambus-Stoff (60% Wolle (Merino) / 40% Viskose (Bambus)), mit einem anatomischen 3D-Schnitt und mit elastischen Bändern zur Fixierung hinter den Ohren. Die Maske schließt dadurch komplett am Gesicht ab und soll für Brillen- und Hörgeräte-Träger geeignet sein. Zur optimalen Pflege und Hygiene der in Litauen hergestellten Maske empfiehlt Pally’Hi die Verwendung desinfizierender Waschmittelzusätze.
Hyphen Sports mit großer Auswahl
Hyphen Sports hat ja einen sehr speziellen Style. Das gilt auch für einige der Farbmuster der Hyphen Sports Mund-Nasen-Schutzmasken. Da Schönheit aber ja bekanntermaßen im Auge des Betrachters liegt, in diesem Fall vor allem die Funktionalität zählt und die Münchner für die Produktion ihrer Gesichtsmasken im kroatischen Mursko Sredisce ausschließlich Oeko-tex 100 zertifizierte UV-Schutzstoffe verwenden, stellen die zweilagigen Masken durchaus eine interessante Alternative dar. Anders als die meisten anderen Masken werden sie auch nicht mit Schlaufen oder Gummizügen hinter den Ohren fixiert, sondern wie medizinische Einwegmasken am Hinterkopf gebunden, was einen Einsatz bei nahezu allen Kopfgrößen möglich macht. Die Maske soll regelmäßig bei 60 Grad Celsius gewaschen werden. Auch 90 Grad Celsius sind möglich, das könne aber den Farben etwas zusetzen .
P.A.C.: Top-Masken aus Unterfranken
Die Buff Schlauchtücher kennt jeder, aber wer hat schon mal von P.A.C. gehört? Der sympathische Mittelständler produziert seit über 20 Jahren am Firmensitz in Schweinfurt seine im Übrigen ebenfalls Oeko-tex 100 zertifizierten Multifunktionstücher. Die spezielle Form und die nahtlose Verarbeitung soll Druckstellen und Einschnürungen verhindern und die Masken so für Sport und Freizeit einsetzbar machen – auch für Brillenträger.
Viavesto: Gesichtsmasken aus Porto
Auch das noch junge Unternehmen Viavesto hat seine Produktionsstätte in der Nähe von Porto auf textile Gesichtsmasken umgestellt. Da, wo sonst Hemden und Hosen für Outdoorfans und Reisende gefertigt werden, stellen zwölf Näherinnen jetzt ausschließlich Gesichtsmasken her. Die dafür notwendigen ebenfalls in Portugal gewebten Viavesto-Stoffe entsprechen laut Geschäftsführer Miguel Budde Ferreira Empfehlungen von Virologen und seien sehr dicht gewebt und nicht dehnbar. Dabei verwendet Viavesto ähnlich wie Hyphen Sports den klassischen Schnitt von OP-Masken – also ein rechteckiges Stoffstück mit Falten, das hinter dem Kopf zu binden ist. Die Maske ist bis 95 Grad Celsius waschbar und damit wie alle hier vorgestellten Modelle wiederverwendbar.
Masken-Tipps für Hamburger
Für alle in Hamburg lebenden Leser haben wir auch noch ein paar lokale Tipps, wo man sich und die Familie mit Gesichtsmasken eindecken kann – und damit vielleicht auch noch etwas Gutes bewirkt:
- Face Masks von Recolution: Da das Virus insbesondere diejenigen hart trifft, die ohne häufiges Händewaschen und ausreichende Hygiene auskommen müssen und deren Immunsystem ohnehin oftmals schon stark geschädigt ist, spendet Recolution in Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Hamburger Verein Hanseatic Help e.V. pro zwei verkaufter Masken eine Maske an Obdachlose (bei Verkauf über unseren eigenen Online Shop).
- Soziale Stoffmasken von Goldeimer: Die Erlöse aus dem Verkauf der Stoffmasken fließen in die eigne gemeinnützige Projektarbeit, an WASH-Projekte von Viva con Agua sowie an den Corona Nothilfefonds der Welthungerhilfe.
- Face Masks von Mymarini: Auch der Hamburger Berg-Nerd und Gründer der Hamburger Freeride-Community Fischkoppriding Willi Albright und seine Freundin Mareen Burk verkaufen im Online-Shop ihres nachhaltigen Bademoden-Labels dezente Gesichtsmasken aus Bio-Baumwolle.
Wir brauchen Slow-Fashion. Jetzt!
Wir sind aus gutem Grund mit La Sportiva in diesen Artikel eingestiegen und haben den Italienern im Vergleich zu den anderen Unternehmen bewusst auch ein bisschen mehr Raum eingeräumt. Nicht, weil gerade Norditalien besonders hart von der Coronavirus-Pandemie betroffen war/ist, sondern weil La Sportiva CEO Lorenzo Delladio in den letzten Wochen für zahlreiche spektakuläre und beispielhafte Entscheidungen stand. Dazu gehört auch die vom 6. April 2020: Der Beschluss zur Verschiebung der Markteinführung von circa 90 Prozent der Bekleidungskollektion 2021 und des Großteils der Schuhe. Denn das ist nichts anderes als ein längst überfälliger Schritt zu Slow Fashion im Outdoor-Business – es wird einfach eine Saison mit neuen Produkten ausgesetzt. Auch wenn dieser Schritt künstlich (viral) hervorgerufen worden ist, verdient er größten Respekt.
Hintergrund: Der Handel hat aktuell die Frühjahr-/Sommerkollektion 2020 in den Läden und den Lagern. Einen Großteil davon konnte er nicht verkaufen und wird das vermutlich in den nächsten Monaten auch nicht. Und noch schwerer wird es, wenn nächstes Frühjahr neue Modelle kommen und die Produkte von diesem Jahr als veraltet gelten. Was passiert dann mit den unverkauften Sachen aus diesem Frühjahr/Sommer? Mit Wahnsinns-Rabatten verramschen oder gar vernichten? Das kann nicht die Lösung sein. Der Ansatz von La Sportiva, im kommenden Jahr nahezu die identischen Produkte anzubieten wie 2020, nimmt von den Händlern sehr viel Zeitdruck. Dann können sie sogar noch darüber nachdenken, einen Teil der diesjährigen Kollektion einzulagern, um sie dann im kommenden Jahr gemeinsam mit der neuen Ware verkaufen zu können.
Und hier kommen wir Konsumenten ins Spiel: Uns sollte es nicht nur egal sein, ob es schon wieder eine neue Version einer Regenjacke oder die Bikeshorts nun in einer angesagteren Farbe gibt. Wir sollten es sogar honorieren, wenn dem nicht so ist. Wir sollten sowieso weniger konsumieren und mit dem Konsum, um den wir nicht herum kommen, sollten wir ganz bewusst nur ausgewählte Unternehmen belohnen. So haben wir es in der Hand, enkelkindtaugliche Konzepte wie Slow Fashion, Cradle to Cradle, gemeinwohlorientiertes Unternehmertum, etc. zu fördern und vielleicht sogar zum Standard werden zu lassen, statt auf den Zufall der nächsten Pandemie zu hoffen.
ST. BERGWEH Musikvideo
Das obligatorische ST. BERGWEH Musikvideo, das traditionell jeden Blogbeitrag abschließt, ist gleichzeitig ein kleines wertschätzendes Dankeschön an „…the doctors, healthcare workers, epidemiologists, immunologists, microbiologists, and all the other ‚ists‘, we would be F%*ked without you“ (Jon Lajoie).