OutDoor Messe 2018

St. Bergweh OutDoor 2018

Heiß-kalt statt süß-sauer – das wäre auch eine passende Überschrift für diesen Artikel über die OutDoor Fachmesse in Friedrichshafen gewesen. Denn während am Bodensee das Wetter einen auf Sommerhitze gemacht hat, war die Stimmung zwischen der Messe Friedrichshafen und der European Outdoor Group (EOG), dem Veranstalter der OutDoor Show, eher eisig. Der Grund: Ausgerechnet zum 25. Jubiläum der Messe steht fest, dass die EOG den Standort wechseln und die Fachmesse für die Outdoorsport-Branche ab 2019 in München stattfinden lassen wird. Autsch. Doch bevor es dazu noch ein paar Hintergrundinfos gibt: Ich habe euch meine Messe-Produkt-Highlights in vier verschiedenen Kategorien runtergeschrieben und – mit ein paar Bildern verfeinert – in leicht verdaubare Artikel-Häppchen verpackt. Guckst Du hier für meine

Außerdem gibt es am Ende dieses Artikels noch eine kleine – nennen wir es mal – „Diskurseinladung“ zu dem außergewöhnlichen Messeauftritt von Mammut.

St. Bergweh OutDoor 2018
„The only constant in life is change“: Ciao Friedrichshafen – Hallo München

25 Jahre OutDoor Show Friedrichshafen

Wenn man es böse meinen würde, könnte man von später Rache sprechen. Bis Mitte der 90er Jahre war die Internationale Fachmesse für Sportartikel und Sportmode in München – kurz Ispo – der unumstößliche Standort für das europäische Branchentreffen zwischen Sportartikel-/Sportbekleidungsherstellern und Händlern. Hier mussten sich auch die Outdoorhersteller einordnen – bis zum 18. August 1994, dem Start der ersten OutDoor Show in Friedrichshafen. Während die über die Jahre immer erfolgreicher wurde (1994: 201 Aussteller/5.500 Besucher; 2008: 780 Aussteller/8.000 Besucher; 2017: 965 Aussteller/21.400 Besucher), verlor die Sommer-Ispo über die Jahre an Bedeutung und wurde 2008 gar eingestellt – übrigens kurz nach dem gescheiterten Versuch, die OutDoor im Rahmen einer offiziellen Neuausschreibung der erfolgreichen Fachmesse durch die EOG zurück nach München zu holen. 2018 klappte nun, was gut zehn Jahre zuvor noch misslang. Von 30. Juni bis 3. Juli 2019 wird sich die Branche also zur OutDoor by Ispo an der Isar treffen, statt am Bodensee. Grund genug für zahlreiche Danksagungen und nostalgische Blicke zurück – das Ganze in Form von Bildergalerien mit Fotos aus 25 Jahren OutDoor-Geschichte, Reden und journalistischer Kommentare sowie einer ausgelassenen Abschlussparty im Messe-Pool, die man überall im Rahmen der OutDoor 2018 antreffen konnte und denen ich mich hiermit anschließen möchte. Danke Friedrichshafen! Ehrlich und von Herzen!

2019: OutDoor by Ispo München!

Am 27. Juni 2018 stellte die Messe München öffentlich ihr Konzept für eine „OutDoor by Ispo“ vor. Da sowohl die anderthalbstündige Präsentation (siehe unten) nachträglich angeschaut werden kann als auch hier das Konzept recht ausführlich erklärt wird, möchte ich gar nicht so viel zu dem Thema schreiben. Vielleicht nur so viel: Die Notwendigkeit einer Neuausrichtung ist nachvollziehbar, einige der Ansätze scheinen sinnig zu sein und die Ispo hat mit ihren Möglichkeiten tatsächlich das Potential, die OutDoor zukunftsfähig umzugestalten. Aber den Beweis, ob man sich auch an größere, z.T. gesellschaftsrelevante Themen wagt, was auch eine Form der Weiterentwicklung wäre, müssen die Münchner gemeinsam mit der EOG erst noch erbringen. Zum Beispiel hinsichtlich der Genderthematik in der Outdoorindustrie. Wer sich die Aufzeichnung der Konzeptpräsentation anschaut, wird feststellen, dass es da noch einiges zu tun gibt.

https://www.facebook.com/ispomunich/videos/10156584430572884/

 

Für alle, die keine Lust auf oder Zeit für das Video haben, hier ein kurzer Überblick bezüglich der eingeladenen Branchen- und Messevertreter, die die oben erwähnte Genderproblematik in der Outdoorbranche und bei der Messe München verdeutlicht:

  • Männliche Speaker: 4
  • Weibliche Speaker: 0
  • Männliche Podiumsgäste: 5
  • Weibliche Podiumsgäste: 0
  • Männliche Moderatoren: 0
  • Weibliche Moderatoren: 1

Es gibt aber auch noch eine weitere Baustelle, denn die Kollegen aus Friedrichshafen wollen noch nicht so richtig akzeptieren, dass ihr Baby, die OutDoor, und damit ein wichtiger Umsatzbringer der Messe und der Region plötzlich wegfallen soll.

St. Bergweh OutDoor 2018
OutDoor by Ispo: Trendscouting Sommer 2019 in München statt in Friedrichshafen

2019: OUTDOOR in Friedrichshafen?

„Mit großer Enttäuschung stellen wir uns dem Wahlergebnis – schließlich ist die OutDoor vor einem viertel Jahrhundert am Bodensee geboren und wir haben hier für diese Branche eine einzigartige Erfolgsgeschichte geschrieben“, kommentierte der Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen, Klaus Wellmann, das Votum der EOG für MÜNCHEN nach dessen Bekanntgabe im Februar 2018. Gleichzeitig kündigte er aber damals schon an, dass dies nicht das Ende für eine Outdoor-Fachmesse in Friedrichshafen bedeutet: „Wir erhalten sowohl für unseren Standort, aber vor allem auch für unsere Vorstellung zur Neuausrichtung der Leitmessekonzeption guten Zuspruch von zahlreichen EOG-Mitgliedern und sehr viel Rückhalt von weiteren Branchenspezialisten der Outdoor-Welt. Auch in Zukunft werden wir hier ein einzigartiges Messe-Ambiente bieten, in dem die globale Outdoor-Fachwelt die Weichen für den wirtschaftlichen Erfolg stellt und ihre Begeisterung für das Naturerlebnis zelebriert. Somit gehen wir dennoch zuversichtlich und gut gewappnet aus dieser Entscheidung in eine neue Outdoor-Messeära am Bodensee ab 2019.“ Sehr präsente, knallblaue Plakate, Aufsteller und Schlüsselbänder mit der gelben Aufschrift „OUTDOOR 2019 SIMPLY DIFFERENT“ und dem Hinweis auf eine statische Info-Website deuteten auch noch während der fünf Messetage auf eine kämpferische Einstellung der bisherigen Messeorganisatoren hin.

Wie das mit der von EOG-Präsident John Jansen im Rahmen einer OutDoor-Podiumsdiskussion in Richtung Messe Friedrichshafen geäußerten Aussage, es gäbe nur Platz für eine B2B-Outdoor-Fachmesse im Sommer, zusammenpasst, ist fraglich. Verweist die EOG-Spitze doch auf die demokratische, transparente und auf Basis einer weitreichenden Umfrage von Händlern, Marken und Hersteller aus Europa und der Welt getroffene Entscheidungsfindung. Dabei hat mit 65 Prozent der EOG-Mitglieder, die an der Abstimmung teilgenommen haben (94 Prozent), doch eine deutliche Mehrheit für München statt für Friedrichshafen bzw. die dritte Option Hamburg gevotet. Das hier noch nicht das letzte Wort gesprochen und die letzte Entscheidung gefällt worden ist, zeigt auch der Umstand, dass die noch im Februar für die OutDoor 2018 angekündigte Präsentation der eigenen Ideen für 2019 nicht stattfand, obwohl dafür extra am Abend vor dem diesjährigen Messestart Branchenvertreter sowie Journalisten und Blogger auf das exklusive Event- und Charterschiff MS Sonnenkönigin eingeladen worden sind.

+ + + Ergänzung vom 1. August 2018 + + +
Auf einer Pressekonferenz präsentierte die Messe Friedrichshafen mittlerweile ihr von vielen Branchenvertretern erwartetes und angekündigtes Konzept: Tatsächlich solle es 2019 (17.-19. September) eine B2B-, also eine zusätzliche Fachhandelsmesse für die Outdoorindusrie geben. Details sind unter outdoor-friedrichshafen.de nachzulesen.

Meine Meinung

Persönlich finde ich die Entscheidung der EOG für München und gegen Friedrichshafen sehr schade. Friedrichshafen hatte einen sehr familiären und doch professionellen Charme. Auch die Betreuung durch das Messeteam und das Outdoor Blogger Network sowie das Programm speziell für Blogger war auf langfristigen Beziehungsaufbau ausgerichtet und deutlich umfassender, als ich das von der Ispo kenne, die ich nun ja auch schon seit einigen Jahren regelmäßig besuche und von ihr berichte. Zudem gab es einige Gepflogenheiten in München, die ich ziemlich irritierend fand – zum Beispiel das Kontaktieren durch einen in meinen Augen bemitleidenswerten „Junior SEO Consultant“ von der von der Ispo beauftragten Agentur Plan.Net Gruppe, mit der „Bitte“, bei meinem Ispo-Artikel über Páramo doch bitte die Website munich.ispo.com zu erwähnen und im Sinne der eigenen Suchmaschinenoptimierung zu verlinken. Kann man mit fehlendem Fingerspitzengefühl erklären – oder aber mit fehlendem Know-howbezüglich der Arbeit mit Bloggern beziehungsweise einem stark an Eigeninteressen orientierten Verständnis von Blogger Relations. Schließlich investiert jeder Blogger im Vergleich zu Redakteuren klassischer Medien Zeit (z.T. Urlaub), Geld (Anreise, Übernachtung etc.) und unbezahlte Arbeitszeit (Nachrecherche, Bildbearbeitung, Texterstellung etc.) in einen Messebesuch und will dann nicht noch zusätzlich als Backlink-Quelle „missbraucht“ werden.

Fehlen wird zudem das entspannte Umfeld des Messegeländes und der gesamten Bodenseeregion. München wird distanzierter und regulierter werden. Und München wird unpersönlicher und businessorientierter werden. Darauf können wir Blogger uns einstellen und sicher auch in gewisser Art und Weise alle anderen Messeteilnehmer. Allerdings müssen sich auch die Messe München, die EOG und die ausstellenden Hersteller auf entsprechende Konsequenzen zum Beispiel hinsichtlich Teilnahme und Berichterstattung einstellen. Journalisten und Blogger werden 2019 ganz genau hinschauen, was da in München vor und hinter den Kulissen passiert.

St. Bergweh OutDoor 2018
OutDoor by Ispo: Viele werden 2019 ganz genau hinschauen

Andererseits will ich nicht in das oft so typische Schema verfallen, jegliche Veränderungen von liebgewonnenen oder einfach gewohnten Dingen per se zu verteufeln. Es gibt gute Gründe für eine Veränderung des Messekonzepts und München hat gute Ansätze beziehungsweise mit der Ispo-Welt eine gute Basis. Schauen wir mal, was sie draus machen und wie sehr die eigenen kommerziellen Interessen die Neugestaltung und Verbesserung der OutDoor beeinflussen. Oder wie ernsthaft man sich auch grundsätzlichen Branchenproblemen stellt. Eine ehrliche Chance haben die Münchner Kollegen jedenfalls verdient. Florian Beregnen, Redakteur vom Fachmagazin SAZsport, sieht das übrigens ähnlich:

Den Messeverantwortlichen um Klaus Wellmann kann man nur ein großes Kompliment machen, wie sie es über die Jahre geschafft haben, Besucher und Aussteller aus aller Welt so zahlreich in die Provinz zu locken. Kein Zweifel: Das Flair und Ambiente der Bodensee-Messe werden fehlen. Doch nach mehrheitlicher Entscheidung der EOG-Mitglieder reichen diese ‚Soft-Kills‘ einfach nicht mehr aus, um eine Veranstaltung auszurichten, die den Ansprüchen eines modernen, zukunftsträchtigen B2B-Szenetreffs gerecht werden kann.

Vor dem Hintergrund einer möglichen Konkurrenzveranstaltung zur Münchner OutDoor by Ispo durch die Messe Friedrichshafen sieht er die Branche im kommenden Jahr vor einer „echten Zerreißprobe“.

Was geht denn da bei Mammut?

Eine Sache muss ich noch ansprechen: Mammut! Was auch immer da gerade im schweizerischen Seon passiert, raus kommt etwas gänzlich Neues und ich weiß nicht, ob ich das wirklich gut finden soll. Das Betreten des kühlen OutDoor-Messestands der Eidgenossen fühlte sich an, als würde man eher einen Shop am Hamburger Neuen Wall, in der Münchner Maximilianstraße oder auf Düsseldorfs Königsallee besuchen und nicht zum Beispiel einen Globetrotter oder irgendeinen anderen bergsportaffinen Store. Durchdesigntes Outdoor-Equipment in schwarz und weiß. Eine süße Frauenkletterlinie in Pastelltönen und mit Blümchendekor. Eine Seiltasche, mit der man auch problemlos durch Berlin-Mitte flanieren könnte. Selbst die Puppen, auf denen die Bekleidung präsentiert wird, stehen in Reih und Glied und haben chromverspiegelte Gesichter ohne Kontur und Gesichtszüge. Mammut selbst spricht von „Urbaneering“, „Invests in digitalization in order to be in line with consumer needs“, vom Vereinen von „Functionality and Aesthetics“ oder von „Femininity“. Und gleichzeitig von einer mehr als 155 Jahre alten Kletter- und Bergsport-DNA, die unangetastet bleiben soll.

Ob das gelingt, möchte ich mal stark bezweifeln. Für mich entfernt sich Mammut mit der neuen Ausrichtung so stark vom Markenkern, dass das Generieren neuer Kundengruppen unbedingt gelingen muss, um zu kompensieren, was man an Stammkäuferschaft sicher verlieren wird. Wahrscheinlich ist aber genau das die Rechnung, die die Mammut Sports Group bzw. ihr Eigner die Schweizer Conzzeta AG aufgemacht hat: Schließlich hinkte Mammut zuletzt den anderen Geschäftsbereichen des Mischkonzerns in puncto Umsatz und Gewinn hinterher und sollte mehr verkaufen und rentabler werden, was 2017 scheinbar schon in ersten Zügen gelang. Die neue Designsprache und Produktausrichtung dürfte der nächste Schritt des Fünfjahresplans der Schweizer sein. Bin echt gespannt, wie das ankommt.

St. Bergweh Musikvideo

Das obligatorische Musikvideo am Ende jedes St. Bergweh Beitrags kommt von der südfranzösischen Band La P’tite Fumée, die dankenswerter Weise Klettersportausrüster Petzl zur OutDoor eingeladen hatte und die nach Messeschluss im Innenhof so richtig Gas gaben. Ich glaube, man muss dabei gewesen sein, um die Energie zu fühlen, die die Jungs da auf der kleinen Bühne versprüht haben.

https://youtu.be/JzqOUCoInnY