Wild&Style: Willkommen zu Hause

Du sagst: „Komm‘ doch wieder zurück nach München. Dort sind die Berge in Sichtweite und du kannst jedes Wochenende entscheiden, welchen Gipfel du erklimmen, in welchem Bettenlager du übernachten oder welchen Trail du mit dem Bike bezwingen willst. Und im Winter suchst du dir am Abend vorher raus, wo es den besten Schnee hat und ob es auf eine Piste, in einen frisch geshapten Funpark oder für eine Tour ins Backcountry gehen soll.“

Und ich sage seit diesem Silvester mit noch mehr Überzeugung als vorher: „Nein. Ich bin in Hamburg zu Hause. Und das, obwohl ich unverständliche Blicke bekomme, wenn ich die Sansibar auf Sylt verschmähe und mich lieber auf dem John Muir Trail acht Tage von Fertignahrung ernähre. Wenn ich am Wochenende um den Wilden Kaiser, statt mit tausend Anderen um die Alster „spaziere“. Wenn ich es nach sieben Jahren Hamburg noch immer nicht nach Helgoland geschafft, dafür aber Longboardfahren gelernt und mit dem Organisieren von Wohnzimmerkonzerten angefangen habe. Wenn ich den Sommer nicht an der Ostsee verbringe, sondern lieber 1.400 km ins französische Les 2 Alpes fahre und satte 360er lerne. Denn ich habe über den Jahreswechsel wieder aufs Neue gemerkt: Ich bin hier nicht alleine mit meinem Bergweh.“

Unbezahlbar: Mit diesem Blick aufwachen, wenn man noch wenige Stunden zuvor das Snowboard durch Hamburg getragen hat
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Wie’s kommt? Eine liebe Freundin hat mir von einem Hamburger Snowboardverein berichtet, der jeden Winter zwei Mal eine Reise in die Berge organisiert. Das Ganze hört auf den vielversprechenden Namen Wild & Style – Schnee- und Brettprojekt e.V. und gibt es seit 1997. Seither wurden meines Wissens 29 Reisen nach Österreich, Frankreich, Italien und in die Schweiz organisiert – über Silvester 2013/2014 nun Nr. 30 ins Montafon nach Gargellen, Und mit dabei – wie sollte es anders sein – St. Bergweh… Glaubst Du nicht? Guckst Du hier:

http://vimeo.com/bjoekoe/stbergweh-x-wildandstyle

Himmel und Hölle: Silvretta-Montafon ist ein Freeride-Traum, aber gleichzeitig überfüllt von Ski(-party-)touristen
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In der Selbstbeschreibung des Vereins heisst es: „1997 fanden sich Snowboarder, Surfer und Skater aus Hamburg zusammen, um für Brettsportler, insbesondere für Snowboarder, ein Forum zu schaffen und gemeinsame Reisen und Aktivitäten zu organisieren. Dabei wollten wir uns klar vom kommerziellen Einheitsbrei abgrenzen, bei dem es vorrangig um Gewinnmaximierung geht. Snowboarden soll Spaß machen. Deshalb geht es bei Wild&Style nicht darum, wer der Schnellste, Coolste oder Beste ist, sondern wer am Ende des Tages das breiteste Grinsen im Gesicht hat!“ Genau so ist es auch heute noch und genau das macht die Wild&Style Camps so besonders. So trafen sich am ZOB in Hamburg junge Menschen zur Abfahrt in Richtung Schnee, die sich größtenteils vorher noch nie gesehen haben, obwohl sie in der gleichen Stadt wohnen. Die aber alle eine Leidenschaft vereint – das Snowboarden. Und als der schwarze Reisebus eine Woche später wieder an selber Stelle zum Stehen kommt, steigen Menschen mit müden, aber zufriedenen Gesichtern aus – und mit neuen Freundschaften. Vor Reiseantritt kannte ich nur drei Mitfahrer und jetzt sage ich: Bis bald im Schnee Alice, Christian, Daniela, Eike, Inga, Jan, Lotte, Philipp, Sebastian, Silja… Alles liebe Menschen, die mich nicht verwundert anschauen, wenn ich von Erlebnissen oder Ideen wie oben erwähnt berichte. Ich bin eben doch nicht alleine hier in Hamburg. Ein gutes Gefühl. Ein warmes Gefühl. Das Gefühl, zu Hause zu sein.

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Was ich an der Wild&Style-Idee noch mag neben den Menschen im Hintergrund: die Idee, auch Anfängern das Snowboarden nahezubringen. Und von denen gibt es im bergfernen Hamburg einige. Das Programm heisst „Get on Board“ und ist bis auf eine Service-Gebühr von 10 Euro für das frische Wachs auf dem Leihbrett kostenlos. Drei Tage lang helfen die W&S-Guides bei den ersten „Schritten“. Board und Bindung kommt aus dem W&S-Pool und muss ebenfalls nicht bezahlt werden. So wird auch denjenigen der Einstieg ins Snowboarden ermöglicht, die nicht das nötige Kleingeld für Top-Ausrüstung und private Snowboardlehrer-Stunden haben. Die nächste Gelegenheit zur Teilnahme an einem Wild&Style Camp ist bereits im März. Dann geht es an zwei Terminen ins französische La Rosiere. Ein paar Restplätze sind wohl noch verfügbar. Anmelden kann man sich hier. In der ersten Woche bin ich auch dabei und freue mich, mit Euch und den anderen Hamburger Shreddnics die französischen Alpen zu rocken und eine Menge Spaß zu haben.

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